Donnerstag, 10. Mai 2012

The Avengers (Supergruppentherapie)


Loki (Tom Hiddleston), verstimmter Halbbruder des außeridischen Donnergotts Thor (Chris Hemsworth), feiert sein Comeback von den Toten auf der Erde, die er mithilfe einer Alienarmee zu unterjochen gedenkt. Agentenboss Nick Fury (Samuel L. Jackson) castet daraufhin eine Superhelden-Supergroup bestehend aus Tony "Iron Man" Stark (Robert Downey Jr.), Steve "Captain America" Rogers (Chris Evans), Bruce "Hulk" Banner (Mark Ruffalo), Natasha "Black Widow" Romanoff (Scarlett Johansson) und Clint "Hawkeye" Barton (Jeremy Renner)...

Das ist er also: Der Blockbuster, auf den die letzten Marvel-Verfilmungen (davon den guten Iron Man und den amüsanten Thor gesehen; die Comics nie gelesen) über Jahre hingearbeitet haben. Ein Schaulaufen von zugleich bekannten Superhelden und Schauspielern. Im Regiestuhl des 220 Millionen Dollar teuren Films durfte Joss Whedon Platz nehmen, der dank Buffy und Firefly viel Nerd Credibility besitzt. The Avengers ist erst sein zweiter Kinofilm, aber die Erfolge als Comicautor für Marvel haben offensichtlich mögliche Bedenken fortgewischt. Zum Glück! Denn die schwere Aufgabe, eine Vielzahl bedeutender Charaktere, eine Riesenproduktion und künstlerische Integrität zu vereinen, gelingt Whedon weitgehend eindrucksvoll.

The Avengers ist schwerlich ein Charakterdrama, aber besonders nach der actionreichen Einleitung nimmt sich Whedon erstaunlich lange Zeit für die Figuren. Dieser Teil gerät zwar sehr redelastig, aber die geschliffenen Wortgefechte der noch uneinigen Superhelden unterhalten vorzüglich, obschon das Dauerfeuer an rhetorischen Angriffen und lustigen Onelinern kaum noch real wirkt. Die Spielfreude der Hauptdarsteller, die alle genügend Raum bekommen, ist jederzeit sichtbar, vielleicht weil sie spürten, dass sie eben nicht nur als Aufhänger für kommende Materialschlachten fungieren sollen. So sind es dann insbesondere kurze Szenen, beiläufige Erklärungen und kleine Gags, die The Avengers aus dem Michael-Bay-Sumpf geradezu herauskatapultieren.

Die Action selbst ist zudem gekonnt inszeniert und übersichtlich choreografiert, die obligatorische Demolierung einer US-Großstadt funktioniert wahrscheinlich in jedem Blockbuster. Hier offeriert The Avengers keine nie gesehenen Bilder und scheint an einer ausgewalzten Zerstörungsdarstellung nicht allzu sehr interessiert. Dies bedeutet jedoch leider auch, dass menschliche Opfer nicht gezeigt werden, während die Alienhorden, über die man kaum etwas erfährt noch sie in Ruhe betrachten kann, durchaus explizit zerlegt werden. Das US-Militär kann sich übrigens nicht in Szene setzen und die Regierung kommt auch nicht gut weg. Alles wird mit nahezu perfekten Spezialeffekten präsentiert, welche jedoch etwas in Mitleidenschaft gezogen werden: Der Film wurde zwar recht gelungen nachträglich 3D-konvertiert, aber bei schneller Action und dunklen Szenen ergibt sich schlicht kein gutes, dafür ein unübersichtliches Bild (außerdem wirken Figuren teils wie Fremdkörper). Mittlerweile hat man als Kinogänger leider auch immer seltener die Wahl, so läuft The Avengers nur in wenigen Kinos in 2D.

Dass der Plot an sich eher simpel und innovationsarm ist, sei verziehen, auch weil die Logik bis auf wenige Ausnahmen* im ausführlichen, aber etwas abrupt beendeten Finale gewahrt bleibt. Viel mehr konnte Joss Whedon wohl kaum herausholen. Somit ist The Avengers ein homogener, durchaus einsteigerfreundlicher Genrefilm, die neue Referenz im Superhelden-Krawallkino und ein Beweis, dass Special-Effects-Blockbuster auch ohne abgeschaltetem Hirn funktionieren können - nein, sollen.

* Kleine Spoiler: Die Alieninvasion hätte auch ohne die Avengers eigentlich wenig Aussicht auf Erfolg gehabt (Iron Sky thematisierte dies passend) und wieso vermag Bruce Banner plötzlich den Hulk in sich zu steuern? 

MARVEL'S THE AVENGERS von Joss Whedon (R, B), USA 2012, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © Walt Disney/Marvel

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