Samstag, 1. März 2014

Das finstere Tal

Zwei Pferde, ein Mann. Der Reiter (Sam Riley) erreicht Anfang des 20. Jahrhunderts kurz vor dem ersten Schnee ein abgelegenes Alpental. Misstrauische Bewohner erwarten ihn dort, Nebel und Schlamm. Der Unterschied zum Italowestern und dessen verkommenen Siedlungen, in denen Wildnis und Zivilisation um die Vorherrschaft ringen, ist klein. Land und Leute wolle der wortkarge Neuling namens Greider festhalten, mit moderner Fototechnik. Die Überwinterung wird ihm gestattet, denn im Tal entscheiden der Bauer Brenner (Hans-Michael Rehberg) und seine Söhne (Tobias Moretti u.a.). Die Hochzeit der jungen Luzi (Paula Beer) steht alsbald an, doch die Stimmung ist gedämpft. Da kommt es zum ersten Todesfall...

Das finstere Tal ist kein Film der Überraschungen. Der Titel selbst impliziert Abgründe und noch bevor Greider auftritt, werden düstere Vorgänge angedeutet. Und allein, dass ein Fremder in einem Ort mit einseitigen Machtverhältnissen erscheint, dürfte nicht nur Western-Veteranen auf das Kommende vorbereiten. Bis dahin vergeht jedoch einige Zeit. Wie der Winter das Land, so hat die behutsame und wortkarge Alltagsschilderung im Tal den Film in Beschlag genommen. Und so wie der Frühling zunehmend herbeigesehnt wird, erwartet der Zuschauer das Ausbrechen der Gewalt.

Diese kommt, aber zuerst beiläufiger, versteckter, kleiner. Wie vieles in Das finstere Tal, diesem Western im Herzen Europas, kleiner ist als in der weitläufigen Prärie Amerikas: Die Familien-Bande besteht nur aus einer Handvoll Personen und mit Pistolen am Gürtel läuft niemand herum. Sam Riley als Greider ist alles, nur kein harter Cowboy; man wundert sich fast über seinen (sorgfältig entfernten) Bartwuchs. Die spärlichen Ansiedlungen im Tal bilden nur wenige urige Häusern, gedrungene und gleichzeitig gewaltige Holzklötze, doch im Innern hängen alle Decken niedrig.

Zum Ausgleich beeindruckt das Gebirgspanorama der umliegenden Alpen, wenn nicht gerade schlechtes Wetter erneut die Sicht behindert. Umso mehr ist dann das Gehör gefordert. Brachial ächzen die Holzbalken, jeder Schritt im Schnee knirscht gewaltig, der Wind pfeift. Hinzu kommt in ausgewählten Momenten basslastige und alles überlagernde Musik. Und wenn schließlich die Gewehre die lärmende Stille unterbrechen, verteilen sich Blut und Schmerzensschreie im Tal.

So geht Das finstere Tal dann weitgehend wie erwartet zu Ende, Greider hinterlässt gesellschaftlichen Fortschritt im Tal, so ist zu hoffen. Erzählerisch ist der Film daher weniger interessant, auch die Action ist zwar intensiv, aber kurz. Doch die Atmosphäre dieses entschleunigten Westerns der verschobenen Art ist absolut einnehmend, Bild und Ton stechen hervor - allein wegen der österreichischen Sprache, die den Zuschauer selbst zum Fremden im Tal macht.

DAS FINSTERE TAL von Andreas Prochaska (R, B) und Martin Ambrosch (B), Österreich/Deutschland 2014, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © X Verleih

1 Kommentar:

  1. Vorhersehbar fand ich DAS FINSTERE TAL nicht, nur wurde die Auflösung über Greiders Erscheinen etwas zu früh erzählt. Auch die Brutalität ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber Sam Riley und der Rest des Castes sowie Musik und Location machen dies wieder wett. Ein spannender Film, von der Sorte wie man sich mehr im deutschsprachigen Kino wünscht.

    AntwortenLöschen