Freitag, 19. Oktober 2012

Moonrise Kingdom (Inselkoller)


Der zwölfjährige Sam (Jared Gilman) türmt 1965 aus einem winzigen Pfadfinderlager eines kleinen Eilands und bald verschwindet auch die ortsansässige Anwaltstochter Suzy (Kara Hayward). Während langsam ein Sturm aufzieht, suchen die Inselbewohner nach den Kindern...

Die erste und bisher einzige Begegnung mit Regisseur Wes Anderson trug sich vor einigen Jahren zu: Im Kreis der Familie ward das Fernsehgerät eingeschaltet und Die Royal Tenenbaums erglomm auf der Mattscheibe. Ob des merkwürdigen Humors immer leicht neben der Spur rissen alsbald Faszination und Irritation mich hin und her. Moonrise Kingdom ist seitdem Andersons vierter Langfilm und wirkt nicht mehr ganz so absonderlich: Die farbenfrohen 60er Jahre, eine oft wie ausgestorben wirkende Insel und die spleenigen Figuren sorgen von vornherein für eine irreale Atmosphäre. Bekannte Darstellergrößen spielen mit, aber der Fokus liegt auf den Kindern, deren sonderbare Verhaltensweisen - oft die von Erwachsenen - man leichter akzeptiert als bei spinnerten Erwachsenen. Komplettiert wird dieser artifizielle Mikrokosmos durch eine starre Kamera, die sich nur auf geraden Bahnen oder in 90°-Schwenks bewegt und so die Erschaffung des Filmraums und die Orientierung darin regelmäßig durchkreuzt.

Die eher simple Geschichte verläuft geradlinig, trotzdem schiebt sich ein allwissender Erzähler als realer, aber kaum eingebundener Charakter gelegentlich in Bild. Es klingen gewichtige Themen wie Familie, Liebe und Zugehörigkeit an, aber Unbeschwertheit und skurriler Humor überwiegen klar. Das Mädchen Suzy liest gerne phantastische Geschichten mit einer weiblichen Heldin und so eine bekommt der Zuschauer durchaus zu sehen, eine Sammlung an visuellen und narrativen Miniaturen. Ernsthaft dramatische Wendungen sind bald nicht mehr zu erwarten, weswegen Moonrise Kingdom zum stürmischen Finale hin auch etwas an Fahrt verliert.

Dies ändert nichts an dem warmen Wohlfühlklima des herrlich abgedrehten Films mit klarer, vielleicht etwas überstrapazierter inszenatorischer Linie und angefüllt von feinsinnigem, abstrusen als auch plakativem Witz. Schlicht schön.

MOONRISE KINGDOM von Wes Anderson (R, B) und Roman Coppola (B), USA 2012, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © Tobis/Focus Features

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