Samstag, 30. Juni 2012

Kill List (The Wicker Hitman)


Jay (Neil Maskell) hat seit Monaten nicht gearbeitet und die zunehmenden Geldsorgen führen zu Streitereien mit seiner attraktiven Ehefrau Shel (MyAnna Buring). Sein Kriegseinsatz im Irak hat Jay offensichtlich stärker mitgenommen als er zugeben möchte und langsam schält sich heraus, dass er seitdem mit seinem Freund Gal (Michael Smiley) als Auftragsmörder arbeitet. Schließlich nehmen die beiden wieder einen Job an und sollen die titelgebende Todesliste abarbeiten. Als sich das erste Opfer bei Jay bedankt, bevor der ihm eine Kugel in den Kopf jagt, schwant den Berufskillern, dass irgend etwas nicht stimmt...

Kill List ist einer dieser schwer zu besprechenden Film, bei dem jede Auseinandersetzung schon zu viel vom Handlungsverlauf verraten kann. Nach den ersten Filmminuten (und auch später) ist völlig unklar, wohin der Film sich entwickeln wird, am ehesten hängst ein "klassisches" Familiendrama in der Luft, da Jay und Shel noch einen kleinen Jungen haben. Zur Verunsicherung trägt die leicht elliptische Montage bei sowie die Musikuntermalung, die den Film oft übertäubt und dabei ins Atonale kippt.

Trotz erwähnter inszenatorischer Kniffe vor allem inhaltlich ein ungewöhnliches und verwirrendes Werk und deshalb ohne weitere Worte eine Empfehlung!

PS: In den Kommentaren eine kleine Analyse (Spoiler).

KILL LIST von Ben Wheatley (R, B) und Amy Jump (B), UK 2011, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © Universum Film/Senator

1 Kommentar:

  1. SPOILER!

    Kill List ist ein Film der Vorzeichen und des Foreshadowings: Bei einem Abendessen wird Gals neue Freundin Fiona (Emma Fryer) Zeugin eines Ehestreits. Danach ritzt sie auf die Rückseite des Badezimmerspiegels ein merkwürdiges Symbol ein und nimmt zusätzlich ein Taschentuch mit Jays Blut mit - er hatte sich beim Rasieren geschnitten. Danach wird Fiona zwar immer wieder im Film auftauchen, aber keine aktive Rolle mehr spielen. Gerade dadurch bleibt ihre Rolle unklar.

    Die seltsame Wendung gegen Ende sieht so aus: Auf dem Landsitz des nächsten Opfers werden Jay und Gal Zeuge einer nächtlichen Kultveranstaltung. Im Fackelschein ziehen halbnackte Leute mit komischen Strohmasken durch den Wald, schließlich erhängt sich eine Frau scheinbar freiwillig. Jay, der schon zuvor vigilantisch-rechtschaffene Tendenzen zeigte, eröffnet das Feuer - worauf die Kultisten wie Wahnsinnige auf sie Jagd machen. Schließlich wird er gefangen, bekommt eine Maske aufgesetzt und ein Messer in die Hand und muss gegen einen maskierten Buckligen antreten. Er ersticht ihn - und erkennt schließlich, dass es seine Frau mit seinem Sohn auf dem Rücken war! Die Anwesenden klatschen und setzen ihm eine Strohkrone auf. Finis.

    WTF!? Das tödliche Ende selbst ist ungefähr das Finale von A Serbian Film (den ich nicht sah oder sehen möchte), war mir aber nicht im Voraus klar. Dies liegt daran, dass der Film mit Zwischentitel in die zu Tötenden eingeteilt wurde - so auch beim "Buckligen". Mitten im Film kämpft die Familie ausgelassen mit Schaumstoffwaffen im Garten, auch dort hatte Shel den Sohn auf dem Rücken und Jay "erstach" sie...!

    Auf dem Szenenfoto isst Jay ein Kaninchen, dass seine Katze ihm gebracht hat. Kurz vor dem Kultistenzwischenfall essen auch Jay und Gal erlegte Kanninchen. Eines Tages hängt die Katze aufgeknüpft vor der Haustür. Soll hier eine Umkehr von Jäger und Gejagtem thematisiert werden?

    Offen bleibt der Zweck dieser "Warnung". Wenn sie von diesem Kult stammt, dann hat es höchstens den Sinn, dass Shel danach zum Wochenendhaus geschickt wird - wo das Finale stattfindet.

    Der Kult selbst bleibt völlig diffus - ein archaischer Todeskult? Jays Auftraggeber und Ersatzarzt sind Mitglieder, scheinen also zumindest etwas Einfluss/Macht zu haben. Höchstwahrscheinlich sind alle auf der Kill List ebenfallss Mitglieder, sie freuen sich immer, wenn sie umgebracht werden oder fragen Jay gar, ob er weiß, wer er überhaupt sei. Was ist er? Am Ende, nachdem er seine Familie schlachtete, wird er zu ihrem König. Wieso wurde er auserkoren? Was für ein König?

    Fiona ist ebenfalls Mitglied, scheint aber am Ende teilnahmslos bis distanziert dem Geschehen beizuwohnen (die anderen Kultisten sind freudig ergriffen, Jay fassungslos verwirrt). Hat sie Jay beim Abendessen erst ausgewählt und alles in Gang gesetzt? Sie hatte sich zuvor mit Shel angefreundet, daher folgende Überlegung:

    Shel lacht am Ende sterbend, als sie Jay anblickt. Könnte dies bedeuten, dass sie durch Fiona Mitglied im Kult wurde? Dagegen spricht, dass sie erst zu lachen beginnt, als sie Jay erblickt, als ob sie damit nicht gerechnet hätte. Und: Sie wehrt sich davor gegen angreifende Kultisten, die sie dann (offscreen) gefangennehmen.

    Die größte logische Schwäche ist dabei, dass sowohl Shel als auch vor allem Jay sich im Endkampf nicht die hinterlichen Masken vom Kopf reißen. Ein bitteres und gleichzeitig offenes Ende, das jedoch erstaunlich deutlich schon vorweggenommen wird - man erkennt es nur nicht richtig.

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